Zwölf Jahre Teresa Schmid in der Young Chorporation –
eine Beschreibung in Worten und Gefühlen

Manchmal lohnt es sich, die alten Bücher zur Hand zu nehmen. Sie helfen der Erinnerung auf die Sprünge, auch wenn zwölf Jahre ein Klacks sind, wenn man in historischen Dimensionen denkt. Blickt man aber auf die Geschichte der Young Chorporation im Liederkranz Kirchheim, dann bedeuten zwölf Jahre fast zwei Drittel der bisherigen Lebenszeit des Chors. Im April 1994 gegründet, hatte die Young Chorporation in ihren ersten Jahren drei Dirigenten. Im Sommer 2001 trat schließlich eine junge Frau namens Teresa Schuh auf den Plan. Wer hätte damals gedacht, dass sie eine Ära begründen wird? Doch nun, mit dem Beginn der Sommerferien 2013, wird der gemeinsame Weg leider zu Ende gehen – nach zwölf Jahren, in denen sie den Chor geprägt hat, und der Chor vielleicht auch ein wenig sie.

„Es ist beeindruckend, wie schnell die junge Studentin der Musikakademie in Stuttgart eine neue Lust und Begeisterung in den Sängerinnen und Sängern der Young Chorporation geweckt hat“, heißt es im letzten Kapitel der Vereinschronik, die 2002 zum hundertfünfzigjährigen Bestehen des Kirchheimer Liederkranzes erschienen ist. Trotzdem blieb der Schreiber reserviert. Es sei nach wenigen Monaten zu früh, „ein wirkliches Urteil über ihre bisher nur kurze Amtszeit zu fällen“, notierte er damals. Sicher sei aber, „dass der Chor im Moment dabei ist, sich weiterzuentwickeln und dabei zu alter Stärke zurückzufinden“.

Diese Prognose hat sich mehr als nur bewahrheitet. In zwölf Jahren hat die heute 33-jährige Musiklehrerin tiefe Spuren hinterlassen. Noch im Jubiläumsjahr hatte die neue Dirigentin ihre erste große Bewährungsprobe. Gleich im Januar feierten alle Chöre des Liederkranzes den runden Geburtstag des ältesten Kirchheimer Vereins. Teresa Schuh war dabei gleich in dreifacher Hinsicht gefordert, denn neben der Young Chorporation leitete sie in ihren ersten Jahren beim Liederkranz auch den Kinder- und den Jugendchor des Vereins. Dass einige der damals Jüngsten längst etablierte Mitglieder des großen gemischten Chors sind, darf sich auch die Dirigentin als Erfolg auf die Fahne schreiben.

Ein Jahr später sollte sie Überirdisches vollbringen und ein Wesen spielen, das so rein ist, dass sie kaum wusste, wie sie ihm begegnen sollte: Laura. „Und wer ich bin?“, fragte sie zu Beginn von Bittersweet, dem Rockmusical, das einer der größten Erfolge in der Geschichte der Young Chorporation werden sollte – realisiert in Zusammenarbeit mit der Band Profil und vielen anderen wunderbaren Menschen, die ihr Können und ihre Leidenschaft gaben, um miteinander Musik zu machen, 2003 in Kirchheim, 2004 in Lauffen, 2005 in Ludwigsburg, und immer vor ausverkauftem Haus.

Zur gleichen Zeit begründete Teresa Schuh die Tradition der Novemberkonzerte, die mal einen Ausflug nach Großbritannien („Kings and Queens“) enthielten, den Chor über den Atlantik („Jazz’n’Chor“) führten oder auch nur vor die eigene Haustür („Deutschstunde“). Die vermutlich größte Stärke der Young Chorporation blieb stets ihre Vielseitigkeit. So wagte sich der junge Chor bereits 2006 an ein ganz besonderes Projekt. Das Magnificat sollte es sein – einmal in der klassischen Version von Johann Sebastian Bach, das andere Mal in der neuen Bearbeitung von John Rutter. Als kongeniale Mitstreiter fanden die Sängerinnen und Sänger aus Kirchheim den Chor der Regiswindiskirche in Lauffen. Dort war Hartmut Clauß seit vielen Jahren am Werk gewesen – ein Musiker, der viel mehr war als ein Dirigent und Gymnasiallehrer: den Kirchenchor hatte er seit Jahrzehnten geprägt, etliche ehemalige Schüler des Hölderlin-Gymnasiums, die längst in der Young Chorporation sangen, ebenfalls. Die Auftritte im Herbst 2006 werden unvergesslich bleiben. Höchst bemerkenswert jedenfalls, dass die Young Chorporation noch heute von Hartmut Clauß schwärmt – und der Lauffener Kirchenchor von Teresa Schuh. Da ist etwas entstanden, das die Zeit überdauert.

Und doch gibt es Teresa Schuh nicht mehr. Im Frühjahr 2010 heiratete sie den Domkantor von Sankt Eberhard in Stuttgart, Christian Schmid. Nicht dass der Mann diese umwerfende Frau nicht verdient hätte, aber dass er ihr auch noch gleich ihren unverwechselbaren Namen nehmen musste? Doch die Trauung war nicht nur für das Hochzeitspaar ein unvergessliches Erlebnis. Zusammen mit den besten Chören, die die katholische Kirche in Stuttgart aufzubieten hatte – Christian Schmid leitete dieselben ja mit leichter Hand –, umrahmte die Young Chorporation den Gottesdienst.

Und spätestens mit dieser Hochzeit war Teresa Schmid auch mittendrin im nächsten Großthema, das die Young Chorporation so sehr beschäftigte, das sie ein Projekt daraus machen musste. Männlein, Weiblein und alles, was zwischen den beiden passieren kann war die Arbeitsüberschrift vieler Treffen, in denen sich die Initiatoren gekringelt haben vor Lachen – und manchmal doch nicht so genau wussten, worüber die anderen sich gerade amüsierten. Entstanden ist daraus eine musikalische Revue namens „Fremde Wesen – ein liederliches Miss-Verständnis“, die nicht nur ob der vielen Zuschauer in den ausverkauften Hallen von Kirchheim und Lauffen einen ganz besonderen Platz im Reigen der Young-Chorporation-Projekte genießt.

Dass Teresa Schmid ihren Chor nach diesem höchst populären Ereignis wieder in eine ganz andere Richtung lenkte, mag derweil nur noch jene überraschen, die die Young Chorporation und ihre Dirigentin nicht kennen. Denn tatsächlich führte sie die Sängerinnen und Sänger im Advent 2012 noch einmal in ein vollkommen neues Genre ein: die Christmas Carols. „Wolcum Yole“ nannte die Young Chorporation die beiden Konzerte, in denen Benjamin Brittens Liederzyklus „A Ceremony of Carols“ im Mittelpunkt stand. Das klassisch-moderne Werk aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zählt zum Außergewöhnlichsten, das die Kirchheimer Sängerinnen und Sänger je aufgeführt haben. Denn begleitet werden die Stücke ausschließlich von einer Harfe, die dem Klang des Chores eine ganz eigene Farbe gibt.

Dass die beiden Adventskonzerte in der katholischen Marienkirche zu Kirchheim und der evangelischen Regiswindiskirche in Lauffen die letzten großen Aufführungen sein sollten, die Teresa Schmid mit ihrem Chor absolvierte, ahnte sie da wohl selbst noch nicht. Doch nun hat ihr Mann Christian die einzigartige Chance erhalten, als Domkapellmeister nach Würzburg zu wechseln. Natürlich sei dies mit einem Umzug der Familie verbunden, sagt Teresa Schmid. Und trotz intensiven Nachdenkens und einer Probefahrt mit Kilometerzähler sei klar, dass die Distanz nach Kirchheim zu weit und daher der Abschied von der Young Chorporation angezeigt sei.

Vorstellen kann sich das wohl immer noch niemand: die Young Chorporation ohne Teresa Schmid? Doch bei aller Wehmut, die jede Sängerin und jeden Sänger beim Gedanken an das Unausweichliche beschleicht, hat doch auch ein ganz anderes Gefühl Einzug gehalten in die Köpfe, Herzen und Seelen der Sängerinnen und Sänger: Dankbarkeit.