Gerhard Munz für 65 Jahre aktives Singen geehrt

Manche Daten sind so außergewöhnlich, dass sie wirklich alles andere überstrahlen. Für sage und schreibe 65 Jahre aktives Singen im Liederkranz Kirchheim ist Gerhard Munz am vergangenen Freitag, 27. Februar 2015, auf der Generalversammlung des ältesten Kirchheimer Vereins geehrt worden. „Man muss sich das einmal vorstellen“, sagte der Liederkranz-Vorsitzende Helmut Neuschwander bei seiner Laudatio auf den Jubilar, „als Gerhard Munz anno 1950 dem Liederkranz beitrat, war der Zweite Weltkrieg kaum beendet und der Tag, an dem Deutschland zum ersten Mal Fußball-Weltmeister wurde, noch vier Jahre entfernt.“ Man könnte auch die Ahnentafel der bisherigen Bundeskanzler aufrufen, um zu ermessen, von welchem Zeitraum hier die Rede ist, denn Gerhard Munz hat sie in seiner aktiven Sängerzeit im Liederkranz alle erlebt: Konrad Adenauer (1949-63), Ludwig Erhard (1963-66), Kurt Georg Kiesinger (1966-69), Willy Brandt (1969-74), Helmut Schmidt (1974-82), Helmut Kohl (1982-98), Gerhard Schröder (1998-2005) und, immer noch aktuell, Angela Merkel.

Doch nicht genug damit, dass Gerhard Munz all die Jahre im Männerchor des Liederkranzes eine feste Stütze im zweiten Bass war – und immer noch ist –, von 1963 an hat er auch mehr als vierzig Jahre lang als Vereinsvorsitzender die Geschicke des Liederkranzes gelenkt. Dabei hat er sich nicht mit langen Reden aufgehalten, sondern kräftig angepackt. Schon wenige Monate nach seinem Amtsantritt haben der Liederkranz und der Obstbauverein, nach der Idee von Helmar Ott, das erste Blütenfest veranstaltet, sechs Jahre später kam das Apfelfest hinzu – und mit beiden einher ging auch eine deutliche Verbesserung in der Vereinskasse. So war der Liederkranz unter Gerhard Munz schließlich auch in der Lage, einen Teil der Alten Schule zu erwerben und dort ein eigenes Sängerheim einzurichten.

Doch Gerhard Munz war und ist längst nicht nur ein glänzender Organisator, sondern auch ein engagierter Musiker und hervorragender Sänger. So zählte er neben Gerhard Nollenberger, Fritz Beck, Hans Engelbrecht, Gustav Offenwanger, Helmut Neuschwander, Dieter Mohn, Eberhard Kies und Eugen Bader zu den Gründungsmitgliedern der legendären Klengagässlesmusikanten. An der Seite seiner Freunde und mit Großmutters Waschbrett vor dem Bauch spielte er zu großen und kleinen Anlässen von Kirchheim über Heilbronn, Stuttgart, Augsburg, München, Frankfurt, Düsseldorf und Berlin bis nach Budapest.

Herausragend ist freilich auch der Weitblick des inzwischen 88-jährigen Rekordvorsitzenden. Als der damalige Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger Anfang der neunziger Jahre an die Gründung eines jungen Chores dachte, stellte Gerhard Munz den Sängerinnen und Sängern der neuen Formation schnell das vereinseigene Sängerheim zur Verfügung. Der räumlichen Nähe folgte 1995 die komplette Fusion: seither – auch schon zwanzig Jahre! – ist die Young Chorporation integraler Bestandteil des traditionsreichen, 1852 gegründeten Liederkranzes.

„Danke“, sagte Helmut Neuschwander am Freitag bei der Generalversammlung des Liederkranzes, „danke für alles, was Du für und mit uns getan hast“ – und erntete damit eine typische Antwort nach bester Gerhard-Munz-Manier. „Ach“, sagte der Jubilar, „ich wusste gar nicht, dass es schon 65 Jahre sind. Manchmal kommt es mir wie gestern vor.“

Diese Bescheidenheit, gepaart mit einer ungeheuren Tatkraft mache Gerhard Munz aus, würdigte auch Kirchheims Bürgermeister Uwe Seibold den Seniorsänger des Liederkranzes und bescheinigte dem Verein insgesamt, „ein wesentlicher Bestandteil des Kirchheimer Kulturlebens“ zu sein. Dies habe einerseits mit der ausgezeichneten musikalischen Arbeit zu tun, die der Liederkranz mit seinen vier Chören leiste, und andererseits mit einer beispielhaften Kontinuität in der Vereinsspitze.